Spiel­plan 24/01

Ich zum Beispiel

Lie­bes Publi­kum!

Jedes Mal, wenn eine Per­son vor ein Publi­kum tritt, wird es auch auto­bio­gra­phisch, denn wir sehen immer den eige­nen, per­sön­li­chen Kör­per der Darsteller*in. Da hilft kein Kos­tüm und kei­ne fik­ti­ve Figur, der Kör­per erzählt immer auch sei­ne eige­ne Geschich­te. In die­sem Spiel­plan ver­sam­meln wir Wer­ke, die expli­zit bei der per­sön­li­chen Erfah­rung anset­zen, sich als Bei­spiel neh­men, am eige­nen Leib gesell­schaft­li­che Zustän­de ver­han­deln.

Das kann man jetzt für einen Akt des Grö­ßen­wahns hal­ten und sich den­ken: wie wich­tig nimmt sich jemand denn da bit­te? Ich kann dar­in aber auch einen Akt der Beschei­den­heit, ja, der Demut sehen. Ist das bei sich anfan­gen, nicht auch das Ein­ge­ständ­nis, nichts All­ge­mein­gül­ti­ges sagen zu kön­nen, die Begrenzt­heit der eige­nen Posi­ti­on zu akzep­tie­ren und aus ihr her­aus zu spre­chen — immer in der Hoff­nung, dass die ande­ren mit ihrer Begrenzt­heit in der­sel­ben Welt leben, also ähn­li­che Erfah­run­gen machen und wir so zuein­an­der­kom­men.

Auch in der aktu­el­len Lite­ra­tur lässt sich eine Häu­fung auto­bio­gra­phi­schen und auto­fik­tio­na­len Schrei­bens beob­ach­ten. Ist das jetzt ein Rück­zug ins Pri­va­te oder die ange­mes­se­ne Reak­ti­on in Zei­ten, in denen es immer mehr (fal­sche) Infor­ma­tio­nen gibt, immer mehr Per­spek­ti­ven ein­be­zo­gen wer­den müs­sen, die Gefahr von Miss­ver­ständ­nis­sen immer bedroh­li­cher und der Anspruch, All­ge­mein­gül­ti­ges zu sagen, immer anma­ßen­der wird? Setzt die viel­be­schwo­re­ne Begeg­nung auf Augen­hö­he viel­leicht vor­aus, (nur?) über sich selbst zu spre­chen?

Das Pri­va­te ist das Poli­ti­sche – die­ser alte femi­nis­ti­sche Satz ist immer wie­der neu wahr und wir wol­len das noch mal neu aus­pro­bie­ren. 

Also laden wir ein zu Auf­füh­run­gen, in denen Ein­zel­ne über sich spre­chen und spie­len. Egal, ob es um per­sön­li­che The­men wie Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, Krank­hei­ten, Altern, Her­künf­te oder sexu­el­le Ori­en­tie­run­gen geht, oder um gesell­schaft­li­che Erfah­run­gen mit poli­ti­scher Kul­tur, Demo­kra­tie, Kon­sum und Ver­ein­ze­lung, egal, ob es Tanz, Schau­spiel, Figu­ren­spiel, Per­for­mance oder alles gleich­zei­tig ist. Immer ist der Aus­gangs­punkt das Eige­ne und sucht den Aus­tausch mit dem Eige­nen der ande­ren. Also mit Ihnen zum Bei­spiel. 

Eli­sa­beth Boh­de