Liebe Zeitgenoss*innen
Gründe, zu verzweifeln, gibt es genug, ich spare mir die Aufzählung. Hoffnung hingegen gibt uns, dass Menschen sich ein besseres Leben vorstellen und eine Zukunft denken können. Warum gäbe es sonst die grammatikalische Form der Zukunft? – auch wenn wir sie kaum mehr benutzen.
Wir werden Entwürfe eines besseren Lebens oder sogar des wirklich guten Lebens für alle aufzeigen. Wir werden üben, uns wieder auf eine Zukunft hin auszurichten und nicht mehr immer nur auf Krisen, Katastrophen oder Machtinteressen zu reagieren, wie es uns die Politik seit Jahr zehnten vormacht. Wir werden gemeinsam diese Vorstellungen, Visionen und Utopien ausspinnen, erträumen, ent werfen … Oder müssen wir sie nur entdecken, denn es gibt sie schon – und wir haben sie nur vergessen? Und wir werden das zusammen tun, denn so ist Theater gemeint, als ein Ort, an dem man zusammenkommt.
Wir werden die Saison mit der Premiere von Ins Blaue beginnen und damit den Ton und das Thema setzen. Die Einstimmung für die Aufführungen schaffen Fotos von der Fotografin Ina Steinhusen in einer kleinen Ausstellung im Foyer. Ina Steinhusen fotografiert nicht nur seit mehr als 20 Jahren alle unsere Stücke, sondern diesmal auch Landschaften für den Spielplan, den Sie in den Händen halten.
Drei weitere Produktionen werden an Momente des Ent wurfes, des Neubeginns erinnern: Ausreisen vom P&S Ensemble vom WUK-Theaterquartier in Halle erinnert pas- send zum Tag der Deutschen Einheit an die Zeiten des Endes der DDR und des Anfangs, in dem so viel Zauber lag, auch wenn genau diese deutsche Einheit schon das Ende dieser offenen Geschichte darstellte. Lucie Morin, ehe- malige Mitarbeiterin der Theaterwerkstatt Pilkentafel und jetzt Leiterin der Theaterschule Flensburg, und Lotta Bohde beschäftigen sich mit der EU, die ja schließlich auch mal eine visionäre Gründung war und ein Versprechen auf die Zukunft bleibt.
Wir werden in diesem ganzen Herbst zu Sonntags versu chen wir zusammen was Neues einladen. Wir werden dort keine Aufführungen zeigen, sondern Experimente, Unfer tiges, noch Entstehendes, und werden Einblicke und Beteiligungen an Gedanken, Prozessen und Methoden ermög lichen. Das wird in Form von Gesprächen, Workshops, offenen Proben oder noch namenlosen Formaten geschehen. Durch Förderung aus dem Transformationsfonds des Landes Schleswig-Holstein für das Projekt „Fluide Kunst produktion“ werden alle diese Veranstaltungen umsonst sein, denn sie/ ihr seid nicht als Konsument*innen gemeint, sondern als Mitwirkende.
Also: Auf ins Blaue!
Elisabeth Bohde